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PM 22|2025 80 Jahre „Penzberger Mordnacht“

Vielfältiges Programm in Erinnerung an den 28. April 1945

Das Ehrenmal „An der Freiheit“ erinnert an die Opfer der Penzberger Mordnacht vom 28. April 1945. Foto: Stadt Penzberg

„Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen“
George Santayana, spanischer Philosoph
 

Vor 80 Jahren erlebte Penzberg in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs eine besonders abscheuliche Gräueltat, die seither das düsterste Kapitel der Stadtgeschichte darstellt: Ein Trupp der NS-Organisation „Werwolf“ tötete kurz vor Eintreffen der befreienden US-Armee 16 Bürger in der so genannten „Penzberger Mordnacht“.

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Was war geschehen?

Am Morgen des 28. April 1945 meldet der Rundfunk die Durchsage der „Freiheitsaktion Bayern“ (FAB): Arbeiter in Bayern werden aufgefordert, ihre Betriebe gegen Sabotage durch die Nationalsozialisten zu schützen. Zugleich werden die Vorkriegsbürgermeister aufgerufen, die Ordnungsmacht in den Rathäusern wieder zu übernehmen. Soldaten sollen die Waffen niederlegen sowie die Kriegsgefangenen gegen mögliche Übergriffe schützen. Johann Rummer, Penzbergs Bürgermeister bis 1933, hört diese Durchsage – und er will es riskieren, das Bergwerk in dieser bedrohlichen Situation zu retten. Zusammen mit seinem Freund Sebastian Reithofer aber auch Ludwig März (KPD) und weiteren Parteifreunden verhandelt er mit der Bergwerksdirektion, dass diese den Sprengbefehl vereiteln würde. Zur Sicherheit darf die Frühschicht wieder ausfahren – deren Leben ist damit gerettet. Ebenso das der Kriegsgefangenen in deren Lagern. Denn mit Geschick schaffen es Rummer, Reithofer und März die dort Verantwortlichen zu solidarisieren.

Rummer übernimmt wieder die Amtsgeschäfte. Der von den Nationalsozialisten eingesetzte Bürgermeister Josef Vonwerden wird des Amtes enthoben, kann aber später wieder mit Mithilfe von Oberstleutnant Berthold Ohm sowie dessen Hauptmann Kurt Bentrott ins Rathaus zurückkehren. Erste „Aufständische“ werden im Rathaus verhaftet. Über Penzberg wird eine Ausgangssperre verhängt, Ohm erstattet Meldung nach München. Reichsverteidigungskommissar Paul Giesler ordnet die Erschießung Rummers und dessen Anhänger wegen Hoch- und Landesverrat sowie Zersetzung der Wehrkraft an. Er entsendet seinen Sondertrupp „Hans“ nach Penzberg, ein Werwolf-Kommando. Nach 16 Uhr wird den Gefangenen im Sitzungssaal des Rathauses die Vollstreckung der Erschießung mitgeteilt. Die Gefangenen werden in einem Bus mit verhängten Fenstern zum Ort der Erschießung – am heutigen Standort des Mahnmals „An der Freiheit“ - gefahren. Die Opfer dieser Hinrichtung: Ludwig März, Rupert Höck, Hans Dreher, Paul Badlehner, Michael Boos, Michael Schwertl sowie Johann Rummer.

Die Nationalsozialisten erstellen eine Liste mit Namen von „Verdächtigen“, die weiteren Aufruhr anzetteln könnten: Daraus entwickelt sich schnell ein wahlloses Zusammentragen der Namen von politisch längst Missliebigen aus, teils kommt es zu rein persönlichen Denunziationen.
Gegen 22 Uhr werden Verhaftete ins Rathaus gebracht, im Polizeizimmer registriert und gleich darauf draußen in unmittelbarer Nachbarschaft gehängt. Als erste werden Gottlieb Belohlawek und Franz Biersack am Balkon des Nebenhauses erhängt. Johann Summerdinger wird zum Lindenbaum auf der gegenüberliegenden Straßenseite geführt und gehängt.
In der Heimstättensiedlung kommt es zu einer Schießerei - SS und Werwolf verfolgen den flüchtenden Bergmann Josef Kastl. Dieser wird schwer getroffen und ins Krankenhaus gebracht, wo er am folgenden Tag stirbt. Xaver Fleißner wird aus seiner Wohnung geholt, seine Frau Agathe begleitet ihn. Beide werden schließlich gegenüber dem Rathaus an der damaligen Gustavstraße gehängt. Ebenso ergeht es Johann und Therese Zenk. Sebastian Tauschinger wird vor dem Staltacher Hof erhängt. Sein Strick reißt, es wird auf ihn geschossen, eine Kugel trifft seine Pulsader. Schwer verletzt bleibt er am Boden liegen, überlebt aber. Am Baum daneben wird Albert Grauvogl erhängt.
Die ersten Kirchgänger am Sonntagmorgen entdecken mit Entsetzen die Gehängten an den Bäumen der Bahnhof- und Gustavstraße.
Am Montag, 30. April 1945, kommen die amerikanischen Truppen nach Penzberg. Am 1. Mai werden in Penzberg die Leichen der Erschossenen am Erschießungsort exhumiert. Mit Ausnahme des aus Sindelsdorf stammenden Michael Schwertl werden alle Opfer des 28. April gemeinsam auf dem Penzberger Friedhof beigesetzt.

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Das Gedenken

Die Stadt Penzberg gedenkt seither jährlich dieser Opfer. Es finden sich zahlreiche Stellen, die auf diese schreckliche Bluttat hinweisen:

  • Etwa am städtischen Friedhof, wo die Ehrengräber der 16 Opfer zu finden sind.
  • Am Mahnmal „An der Freiheit“, wo eine große Statue die Erschießung der ersten Opfer symbolisiert.
  • Im „Museum Penzberg – Sammlung Campendonk“ ist eine Dauerausstellung der Penzberger Mordnacht gewidmet.
  • Zudem finden sich im Stadtgebiet Stolpersteine vor jenen Wohnorten, in denen die 16 Hingerichteten sowie zwei Überlebende der Gräueltat einst lebten.
  • Auf dem Stadtplatz ist eine Bronze-Platte mit den Namen der Getöteten verlegt.´

Der Erinnerungskultur wird in Penzberg alljährlich zum Jahrestag der Mordnacht mit einem stillen Gedenken am Friedhof sowie einer Gedenkveranstaltung Raum gegeben. Und neuerdings bietet die Stadt geführte Themenspaziergänge zu den Orten des Geschehens an: Vor allem Schulklassen (nicht nur aus Penzberg) nutzen dieses Angebot der geführten Touren. Das Konzept der Führungen geht auf, rund 400 Schüler haben laut dem städtischen Kulturamt seit Einführung des Angebots im April 2023 an den Rundgängen teilgenommen.

Das freut Bürgermeister Stefan Korpan: „Denn Geschehnisse wie der 28. April 1945 dürfen sich niemals wiederholen. Unsere Hoffnung liegt dabei ganz auf der Jugend. Denn die Jugend gilt es zu sensibilisieren, dass sie jegliche Tendenzen aufkommender, menschenverachtender Äußerungen wahrnimmt, entschieden auftritt und politisch Einhalt gebietet.“

Da sich die Penzberger Mordnacht heuer zum 80. Mal jährt, wird das Gedenken in einem ganz besonders vielseitigen Programm gestaltet.

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Das Programm:

Samstag, 26. April 2025 | Kunstaktionen
16-17 Uhr VERGEHEN und Die Nacht mit dem Künstler Andreas Kloker im Foyer des Museum Penzberg – Sammlung Campendonk
Teilnahme kostenfrei, Museumseintritt ab 15 Uhr frei.

In seinen beiden Performances wird sich der Künstler Andreas Kloker intensiv mit den Opfern der Penzberger Mordnacht auseinandersetzen. Seine sorgsam gesetzten Wasserzeichnungen auf schwarzer Tafel sind einfühlsam und transitorisch, still und vergänglich. Selbst äußert er: „Die Elementar-Zeichnungen handeln von dem VERGEHEN und vom Vergehen, jedoch nicht vom Vergessen. Auf einer schwarzen Tafel entstehen mit Wasser Bilder, die sich durch Luft und Wärme verändern und eben vergehen. Zeit entsteht und Stille.“


Sonntag, 27. April 2025, 11 Uhr
Öffentlicher Themen-Spaziergang zur Penzberger Mordnacht mit Alice Grubert

Treffpunkt: Museum Penzberg – Sammlung Campendonk
Verbindliche Anmeldung bis 25. April 2025 unter: museum@penzberg.de. Teilnahme kostenfrei, Museumseintritt entfällt. Dauer etwa zwei Stunden.

Seit nun zwei Jahren bieten die Stadt Penzberg sowie das Museum Penzberg – Sammlung Campendonk interaktive Themen-Führungen an. Diese geben sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen mit Rundgängen durch die Stadt die Möglichkeit, einen direkten Bezug zur Vergangenheit und dem düstersten Kapitel der Penzberger Stadtgeschichte herzustellen. Die Führungen starten am Museum Penzberg und führen entlang der Wohnorte einzelner Mordopfer („Stolpersteine“) bis zum Ehrenmal an „An der Freiheit“.


Sonntag, 27. April 2025, 19 Uhr, Christkönigkirche
Aufführung der „The armed Man – a mass for peace von Karl Jenkins

Mitwirkende: Chor und Orchester tonArt metropol Penzberg e.V., großer Chor des Gymnasiums Penzberg und sowie die Solisten Roswitha Schmelzl (Sopran), Iris Julien (Alt), Imam Benjamin Idriz, Johannes Fischer (Violoncello); Leitung Kilian Stein

Krieg und Frieden sind in unserer Zeit keine abstrakten Begriffe mehr, sondern rücken unserer persönlichen Existenz, unserem „hier und jetzt“ immer näher. Gleichzeitig wissen wir: Schon immer hat Krieg die Menschlichkeit außer Kraft gesetzt.
Der 28. April 1945 war der Tag, an dem in Penzberg die Verrohung der Menschen in Folge des Naziregimes und des Krieges noch kurz vor dessen Ende in entsetzlicher Weise sichtbar geworden ist: Verblendete Nazischergen ermorden mutige Personen des öffentlichen Lebens, die die weiße Fahne gegenüber den Siegermächten hissen. Und sie bringen auch noch andere Penzberger Bürger dazu, ihre Mitbürger zu denunzieren, allein um der Rache willen und hängen auch diese. Mit dem Werk „The Armed Man“ lässt sich der Weltfrieden nicht sichern. Aber es kann zum Ausdruck gebracht werden, dass allen Menschen der Krieg, wo auch immer er gerade stattfindet, weh tut. Und dass wir alles tun sollten, um mit friedlichen Mitteln Verständigung zwischen den Menschen, den Staaten, den Religionen, den Kulturen und Ethnien herbeizuführen.
Das Werk orientiert sich am Aufbau einer kirchlichen Messe, integriert jedoch auch einen islamischen Gebetsruf sowie weitere Texte und Melodien aus westlichen und östlichen Kulturen verschiedener Jahrhunderte. Die Musik rüttelt auf, erschreckt, rührt an, tröstet und spendet Zuversicht.


Montag, 28. April 2025 
80. Jahrestag der Penzberger Mordnacht

16 Uhr 
Gedenkveranstaltung des SPD-Ortsvereins am Mahnmal „An der Freiheit“: Es sprechen Ronja Endres, Vorsitzende der Bayern-SPD, sowie Ortsvorsitzender Clemens Meikis

18 Uhr 
Gedenken an den Ehrengräbern der Opfer der Mordnacht am Städtischen Friedhof

19 Uhr 
Gedenkveranstaltung in der Stadthalle mit Beteiligung von Schülern der Realschule Penzberg sowie des Gymnasiums Penzberg; Es musiziert das Ensemble „Musica sacra“ der Musikschule Penzberg unter Leitung von Pia Janner-Horn.

Gezeigt wird dabei auch der Film „28. April 1945“ von Günter Bergel in einer Neufassung.


Dienstag, 29. April 2025, 19:30 Uhr 
Lesung in der Stadtbücherei mit Spiegel-Bestseller-Autor Tim Pröse.

Spiegel-Bestseller-Autor Tim Pröse liest aus seinem Buch „Wir Kinder des 20. Juli - Gegen das Vergessen“. Pröse hat die Töchter und Söhne [der Widerstandskämpfer] des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 besucht, begleitet und ihnen zugehört: Welche Erinnerungen haben sie geprägt? Und welche Botschaft haben sie für unser Heute, in dem sich die Demokratie in Deutschland erneut wehren muss gegen Kriege, Diktatoren und radikale Kräfte.“

Karten sind in der Stadtbücherei zum Preis von 10 Euro (ermäßigt drei Euro) erhältlich.


Mittwoch, 30. April 2025, 16.00 Uhr
Öffentlicher Themen-Spaziergang zur Penzberger Mordnacht mit Alice Grubert

Treffpunkt: Museum Penzberg – Sammlung Campendonk
Verbindliche Anmeldung bis 29. April 2025 unter: museum@penzberg.de.
Teilnahme kostenfrei, Museumseintritt entfällt. Dauer etwa zwei Stunden.

Seit nun zwei Jahren bieten die Stadt Penzberg sowie das Museum Penzberg – Sammlung Campendonk interaktive Themen-Führungen an. Diese geben sowohl Jugendlichen als auch Erwachsenen mit Rundgängen durch die Stadt die Möglichkeit, einen direkten Bezug zur Vergangenheit und dem düstersten Kapitel der Penzberger Stadtgeschichte herzustellen. Die Führungen starten am Museum und führen entlang der Wohnorte einzelner Mordopfer („Stolpersteine“) bis zum Ehrenmal an „An der Freiheit“.


--- --- Zusatzinfo --- ---

Ein weiterer Baustein der Erinnerungskultur stellt die Initiative „Erinnerungen aufpolieren“ dar: Ein sehr engagiertes Team der am Museum tätigen Aufsichten hat 2024 das Projekt gestartet. Diese Initiative ist durchaus wörtlich zu verstehen: sie pflegt die Steine, um so ihre Sichtbarkeit im Stadtbild zu erhalten, damit sie ihren Zweck erfüllen können - das Gedenken an die ermordeten Mitbürger wachzuhalten und so die Mahnung der Ereignisse zu bewahren. Erinnerung wird hier als gelebte Aufgabe verstanden. Zum 80. Gedenktag lädt der Initiator Thomas Trapp-Terriet weitere Bürger ein sich daran zu beteiligen. 

Info und Kontakt: thomas.trapp-teriet@penzberg.de oder museum@penzberg.de 


Kontakt für weitere Informationen und Bildmaterial-Wünsche
Kommunikation . Kultur . Wirtschaft
Thomas Kapfer-Arrington
Tel. 08856. 813-500
thomas.kapfer@penzberg.de | www.penzberg.de  
 

Die Stadt Penzberg ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. 
Sie wird vertreten durch den Ersten Bürgermeister Stefan Korpan.


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