Johann Rummer (1880 - 1945)

Mitten in den revolutionären Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg erhielt der Bergwerksort Penzberg am 01. März 1919 das Stadtrecht, Johann Rummer von der SPD wurde am 02. April ihr erster Bürgermeister. Seit 1910 war er als Bergmann eine Führungsfigur im Kampf um die Arbeiterrechte und wurde daher auch vom Bergwerk entlassen. So war er auch Mitglied des am 10. November 1918 gebildeten Volksrates in Penzberg und übernahm noch am 01. März 1919 den Vorsitz des Arbeiterkartells.

Der Hauptarbeitgeber des Ortes, das Bergwerk, war damals zugleich der politische Gegner der Stadtregierung. Rummer war fest in der Sozialdemokratie verankert, vehementer Gegner der Kommunisten, aber bei den Bürgerlichen zunehmend als Marxist in Verruf. Umgekehrt war er sogar als engagierter Vertreter der Belange der Arbeiter nun auf einmal gezwungen, auch unpopuläre Maßnahmen durchzusetzen. Da war es zum politischen Überleben und Wirken notwendig, robust zu sein, kantig, weder empfindlich noch nachtragend und nicht nur über Intelligenz, sondern auch Schläue und Hartnäckigkeit zu verfügen. Nicht zuletzt wies Rummer eine gehörige Portion Charisma auf, mit dem er seine Politik vermittelte.

Hauptprobleme in der Nachkriegs- und Inflationszeit waren Wohnungsnot und Hunger. Dem Stadtrat mit Rummer an der Spitze gelang es, durch Notstandsarbeiten Wohnunterkünfte zu bauen und die städtische Infrastruktur wesentlich zu verbessern. Bis heute zeugen die Stadthalle, das ehemalige Pfründnerheim, das schmucke Rathaus sowie die Häuser der Philipp- und Rummerstraße davon. Auch die Regulierung der frei die Siedlung durchschwemmenden Bäche diente der Stadt und half vor allem, für die vielen Arbeitslosen bezahlte Arbeit zu schaffen. Die drohende Verelendung war eine reale Gefahr - auch politisch, da sie radikale Positionen förderte.

Da er gegen beide radikale Richtungen agierte, wurde Rummer in den 30-er Jahren für Nazis und Kommunisten zum Hass Ziel Nummer eins. Die einen warfen ihm eine marxistische und kommunistische Haltung vor, für die anderen war er ein Sozialfaschist. Dazu kam, dass er durch die knappe Mehrheit im Stadtrat immer in Bedrängnis war.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 kam Rummer in das Konzentrationslager nach Dachau und lebte dann im folgenden Jahrzehnt der Nazi-Herrschaft als Privatmann in Penzberg, ohne öffentliche politische Präsenz.

Als sich im April 1945 das Kriegsende abzeichnete, wartete Rummer mit seinen politischen Freunden gespannt darauf, ggf. in das Geschehen einzugreifen und eine friedliche Übergabe zu unterstützen. Als er am 28. April 1945 am frühen Morgen die Rundfunkmeldung der "Freiheitsaktion Bayern" hörte, folgte er dem Aufruf, die Sabotage am Bergwerk (Nero-Befehl) zu verhindern und als ehemaliger Bürgermeister ins Rathaus zurückzukehren. Er wusste genau, worauf er sich einließ und mit wem er es zu tun bekommen würde. Doch er wollte diese Chance nutzen, seiner Stadt beizustehen.

Wegen seines Aufstands gegen die de facto noch herrschende Staatsgewalt wurde Rummer mit weiteren sechs Mitstreitern noch am gleichen Abend von der Wehrmacht erschossen. In der Nacht starben weitere neun, an der Aktion nicht beteiligte Männer und Frauen durch eine Terror- und Vergeltungsaktion von Angehörigen des "Werwolf".